Beschwerden am Bildschirmarbeitsplatz

Prinzipiell lassen sich die Beschwerden bei der Computerarbeit in drei Teilbereiche eingliedern: die physische, die psychische und die visuelle Komponente. Die physischen Beschwerden werden in der Regel durch Muskel- und Skeleterkrankungen ausgelöst und betreffen weltweit, je nach herangezogene Studie und Definition, von 22% bis zu 77,5% der Bildschirmarbeiter.1–6 In einer Studie von Speklé et al.7 wurden die Folgekosten für die Behandlung dieser Erkrankungen in den USA auf bis zu 54 Milliarden US Dollar geschätzt. Zu den Muskel-Skelett Erkrankungen wird auch mit einer Prävalenz von 55% der „Mausarm“, das sogenannte Repetitive Strain Injuries (RSI)8, sowie der „Schildkrötenhals“ (siehe Abb.1) oder auch Turtle Neck Posture9 hinzugezählt.

Abb.1: Schildkrötenhals, Turtle Neck Syndrome

Psychische Belastungen und Stress resultieren aus der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, dem Arbeitsplatz und dem sozialen Umfeld. Je nach körperlicher Verfassung, eigenen Bewältigungsstrategien, der Fach- und Sozialkompetenz kann eine psychische Beanspruchung in Beschwerden umschlagen. Generell wird die psychische Komponente als zweithäufigste Ursache für durch Arbeit verursachte Krankheiten eingestuft.10 Im Jahr 2000  wurden die gesamten Folgekosten psychischer Fehlbelastungen in Deutschland auf ca. 70 Milliarden Euro geschätzt.11

Im angloamerikanischen Raum hat sich für verschiedene visuelle Probleme sowie Augenbeschwerden die in Verbindung mit dem Bildschirmarbeitsplatz stehen können der Begriff des Computer Vision Syndrom (CVS) etabliert.12 Dabei scheinen im Schnitt 70% der Menschen die am Bildschirm arbeiten über Symptome des CVS zu klagen.13 Die Palette an Symptomen ist lang und reicht von Augenschmerzen und Augendruck, Kopfschmerzen, verschwommenes und schleierhaftes Sehen, tränende, gerötete und trockene Augen bis hin zu Schlafstörungen. Trockene Augen betreffen einer Studie von Wrbitzky und Rebe14 zufolge bis zu 74,5% der deutschen Bildschirmarbeiter. Die Ursachen sind zahlreich. Neben der bis zu fünffach reduzierten Blinkrate1 und einer höheren Anzahl an inkompletten Liedschlägen15, spielen eine reduzierte Tränenproduktion16 und erhöhte Abtrocknungsfläche17 eine entscheidende Rolle. In der Osaka Studie18 konnte herausgefunden werden, dass Frauen über 30 Jahre von der Problematik stärker betroffen sind als Männer.

Ursache für die Probleme beim Sehen am Bildschirm

Mit der Physiologie des Sehens an Bildschirmgeräten beschäftigt sich die Arbeitsgruppe um Jaschinski bereits seit über zwei Jahrzehnten. Heute wissen wir recht genau, dass unser visuelles System evolutionsbedingt für einfache Handarbeiten, das Sammeln von Essen sowie der Jagd ausgelegt ist. Innerhalb dieser Tätigkeiten führt unser Auge kontinuierliche Augenbewegungen durch und akkommodiert und adaptiert fortlaufend. Menschen, die heute in Berufen tätig sind, die ein ähnliches Anforderungsprofil an das visuelle System stellen, klagen im Vergleich zu Bildschirmarbeitern sehr selten über visuelle Beschwerden.

Jaschniski definiert für das Sehen am Bildschirm zwei verschiedenen Belastungs-komponenten: die einseitige statische Belastung des visuellen Systems durch den konstanten Sehabstand und die einseitige dynamische Belastung durch viele große, aber abrupt endende Blicksprünge (z.B. zwischen Monitor und Tastatur).19 Ferner kommt es während der Bildschirmarbeit zu einer Vereinseitung des Sehens, da hier die visuelle Wahrnehmung eine übergeordnete Rolle spielt und darüber hinaus eine monotone und repetitive Informationsaufnahme erfolgt.20

Siehe auch

Quellen & Weiterführende Literatur

  1. Anshel J, ed. Visual ergonomics handbook. Boca Raton, Fla: CRC/Taylor & Francis; 2005.
  2. Gerr F, Marcus M, Ensor C, Kleinbaum D, Cohen S, Edwards A, Gentry E, Ortiz DJ, Monteilh C. A prospective study of computer users: I. Study design and incidence of musculoskeletal symptoms and disorders. American journal of industrial medicine 2002;41:221–35.
  3. Ertel M. Auswirkungen der Bildschirmarbeit auf Gesundheit und Wohlbefinden. Ergebnisse betrieblicher Untersuchungen mit dem Fragebogen „Gesundheit am Bildschirmarbeitsplatz“; (Schlußbericht). Bremerhaven: Wirtschaftsverl. NW, Verl. für Neue Wiss.; 1997.
  4. Bhanderi D, Choudhary SK, Parmar L, Doshi V. Influence of psychosocial workplace factors on occurrence of musculoskeletal discomfort in computer operators. Indian Journal of Community Medicine 2007;32. Available at: http://www.ijcm.org.in/article.asp?issn=0970-0218;year=2007;volume=32;issue=3;spage=225;epage=226;aulast=Bhanderi;t=6.
  5. Talwar R, Kapoor R, Puri K, Bansal K, Singh S. A study of visual and musculoskeletal health disorders among computer professionals in NCR Delhi. Indian Journal of Community Medicine 2009;34:326.
  6. Sharma AK, Khera S, Khandekar J. Computer Related Health Problems Among Information Technology Professionals in Delhi. Indian Journal of Community Medicine 2006.
  7. Speklé EM, Heinrich J, Hoozemans, Marco J M, Blatter BM, van der Beek, Allard J, van Dieën, Jaap H, van Tulder, Maurits W. The cost-effectiveness of the RSI QuickScan intervention programme for computer workers: Results of an economic evaluation alongside a randomised controlled trial. BMC Musculoskeletal Disorders 2010;11:259.
  8. Klussmann A, Gebhardt H, Liebers F, Rieger MA. Musculoskeletal symptoms of the upper extremities and the neck: a cross-sectional study on prevalence and symptom-predicting factors at visual display terminal (VDT) workstations. BMC Musculoskeletal Disorders 2008;9:96.
  9. Kang J-H, Park R-Y, Lee S-J, Kim J-Y, Yoon S-R, Jung K-I. The effect of the forward head posture on postural balance in long time computer based worker. Annals of rehabilitation medicine 2012;36:98–104.
  10. Work with display screen equipment. Health and Safety (display screen equipment) Regulations 1992 as ammended by the Health and Safety (Miscellaneous Ammendments) Regulations 2002. Sudbury: HSE Books; 2003.
  11. Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. Konzept zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention LV 28. [S.l.]: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LASI); 2002.
  12. The Effects of Computer Use on Eye Health and Vision; 1995.
  13. Yan Z, Hu L, Chen H, Lu F. Computer Vision Syndrome: A widely spreading but largely unknown epidemic among computer users. Computers in Human Behavior 2008;24:2026–42.
  14. Wrbitzky R, Rebe T. Das „Trockene Auge“ am Bildschirmarbeitsplatz. Studie zur Häufigkeit und Abhängigkeit von den Arbeitsplatzumgebungsfaktoren. Hannover; 2007.
  15. Rosenfield M, Howarth PA, Sheedy JE, Crossland MD. Vision and IT displays: a whole new visual world. Ophthalmic and Physiological Optics 2012;32:363–6. Available at: http://dx.doi.org/10.1111/j.1475-1313.2012.00936.x.
  16. Nakamura S, Kinoshita S, Yokoi N, Ogawa Y, Shibuya M, Nakashima H, Hisamura R, Imada T, Imagawa T, Uehara M, Shibuya I, Dogru M, Ward S, Tsubota K. Lacrimal hypofunction as a new mechanism of dry eye in visual display terminal users. PloS one 2010;5:e11119.
  17. Tsubota K, Nakamori K. Dry eyes and video display terminals. The New England journal of medicine 1993;328:584.
  18. Uchino M, Yokoi N, Uchino Y, Dogru M, Kawashima M, Komuro A, Sonomura Y, Kato H, Kinoshita S, Schaumberg DA, Tsubota K. Prevalence of dry eye disease and its risk factors in visual display terminal users: the Osaka study. American journal of ophthalmology 2013;156:759–66.
  19. Jaschinski W. Belastung des Sehorgans bei Bildschirmarbeit aus physiologischer Sicht. In: . Sehen und Bildschirmarbeit. Mit 13 Tabellen. Bremerhaven: Wirtschaftsverl. NW, Verl. für Neue Wiss; 1995:11–29.
  20. Böhle F, Weishaupt S, Hätscher-Rosenbauer W, Fritscher B. Tätigkeitsbezogene Sehschulung. Ein zukunftsweisender Ansatz zur Förderung der Gesundheit bei visueller Beanspruchung am Arbeitsplatz. München; 1998.