Stereoskopie vs. Holographie

Ein künstlicher 3D-Effekt lässt sich über verschiedene Methoden erzeugen. Dabei wird nach heutigem Stand sowohl im 3D-Kino und auch über 3D-TVs die Stereoskopie als das Mittel der Wahl genutzt (vgl. Holliman et al., 2011). Bei der Stereoskopie wird versucht die geometrischen Zusammenhänge der realen räumlichen Wahrnehmung möglichst genau nachzuempfinden, indem dem Betrachter der Nachbau eines realen räumlichen Reizes über eine zweidimensionale Oberfläche präsentiert und über kortikale Verarbeitungsprozesse eine Räumlichkeit interpretiert wird, welche real nicht gegeben ist (vgl. Longhi, 2010).

Durch die Art und Weise der Generierung des stereoskopischen 3D-Effektes kommt es zu Problemen in der visuellen Verarbeitung des 3D-Effektes durch den Betrachter. Der sogenannte Vergenz-Akkommodation-Konflikt tritt in Erscheinung (vgl.Hoffman et al., 2008; Shibata et al., 2011), d.h. die Ebenen der Fokussierung und Fixation – gesteuert durch das visuelle System des Betrachters – fallen unnatürlicherweise nicht zusammen, sondern sind räumlich getrennt. Hierdurch wird das visuelle System übermäßig belastet, was in manchen Fällen zu 3D-induzierten Beschwerden, wie etwa zur Wahrnehmung von unscharfen Bildern, Doppelbildern, ermüdeten Augen, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindelgefühl führt (vgl. Urvoy et al., 2013). Detailliertere Erläuterungen zu den Prinzipien der Erzeugung eines stereoskospischen 3D-Effektes und dem damit einhergehenden VAK finden Sie unter 3D – Chancen und Risiken.

Alternative – Holographie

Eine vielversprechende Alternative zur Erzeugung eines künstlichen 3D-Effektes stellt die Holographie dar. Nach heutigem Stand besitzen holographische Displays jedoch keine Marktreife. Einige Forschungsgruppen an universitären Einrichtungen oder in industriellen Unternehmen beschäftigen sich weltweit mit der Weiterentwicklung von Prototypen holographischer Displaytechnologie. Dazu zählt unter anderem das Massachusetts Institute of Technology Media Lab mit dem Prototypen Mark III (vgl. Smalley et al., 2007), die Chiba Universität mit HORN-6 (vgl. Ichihashi et al., 2009) und die Nihon Universität mit demImage Hologram (vgl. Yoshikawa et al., 2009). Auf industrieller Seite sind unter anderem die Zebra Imaging Inc. mit ZScape(vgl. Newswanger & Klug, 2013) und die in Deutschland ansässige SeeReal Technologies GmbH mit Visio20 (vgl. Reichelt et al., 2008) zu nennen.

Der holographische Ansatz zur Erzeugung und Darbietung eines dreidimensionalen Effektes grenzt sich deutlich von dem der Stereoskopie ab. Im Gegensatz zur Stereoskopie wird der Holographie die Generierung eines räumlichen Stimulus zugesichert, welcher das visuelle und kortikale System des Menschen auf eine natürlichere Art und Weise stimuliert. Anders als bei der Wahrnehmung von stereoskopischen Inhalten, soll bei der holographischen Darstellung die Fokussierung und Fixation über das visuelle System auf den 3D-Effekt gerichtet sein, sodass die natürliche Kopplung der beiden Komponenten erfüllt sein soll und der VAK umgangen wird. Hierdurch sollen Beschwerden vermieden und ein höherer Betrachtungskomfort wie beim natürlichen räumlichen Sehen erzielt werden (vgl. Reichelt et al., 2010).

3D-Studie an der EAH Jena

Zur Prüfung dieser hypothetischen Annahmen wurde an der Ernst-Abbe-Fachhochschule Jenaeine 3D-Studie mit einer Probandenzahl von N=54 durchgeführt, welche den visuellen Verarbeitungsprozess in Bezug auf den VAK an verschiedenen 3D-Displays quantitativ untersucht. Dabei wurde auf stereoskopische (ZM-M240W, Zalman Tech Co., Ltd.) und holographische Displaytechnologie (Visio20, SeeReal Technologies GmbH) zurückgegriffen.

Dem Probandkollektiv wurde die identische 3D-Sequenz auf einem stereoskopischen und einem holographischen 3D-Display vorgeführt. Währenddessen wurde die Fokussierung des Betrachters mit Hilfe eines Durchsicht-Autorefraktometers (NVision-K 5001, Shin-Nippon Ophthalmic Instruments) quantitativ erhoben und darüber hinaus 3D-induzierte Beschwerden über eine subjektive Evaluation aufgenommen.

Studienergebnisse

Innerhalb der 3D-Studie an der Ernst-Abbe-Fachhochschule Jena gewonnene Erkenntnisse lassen sich wie folgt

zusammenfassen (vgl. Leicht, 2013):

  1. Die visuelle Verarbeitung eines holographischen 3D-Effektes zeigt eine größere Nähe zu den Verarbeitungsprozessen eines natürlichen räumlichen Reizes als es bei der Stereoskopie der Fall ist, d.h. der Betrachter fokussiert den 3D-Effekt mitunter genauer, sodass der VAK reduziert wird.
  2. Resultierend zeigen sich positive Auswirkungen auf die subjektive Wahrnehmung des holographischen 3D-Effektes. So traten bei der holographischen Darstellung bei weniger Probanden 3D-induzierte Beschwerden auf, als bei der stereoskopischen Darbietung.
  3. Des Weiteren steht bei der Holographie ein größerer 3D-Bereich vor und hinter der Displayebene zur Verfügung, für welchen der 3D-Effekt beschwerdefrei dargestellt werden kann.

Fazit

Man muss folglich zu dem Schluss kommen, dass die Holographie großes Potential aufweist, einen natürlicheren und somit auch verträglicheren 3D-Effekt zu erzeugen. Bisher stellt die Holographie jedoch keine vollständig ausgereifte Technologie dar, sodass vorhandenen holographischen Displaysystemen das Prädikat der Marktreife noch nicht zugesprochen werden kann. Dabei werden notwendige Entwicklungsschritte zur letztendlichen Bereitstellung eines serienreifen Produktes noch Zeit in Anspruch nehmen. Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass holographische Displaytechnologien zwar nicht heute, jedoch in nicht allzu ferner Zukunft mehr als nur eine Alternative zur Stereoskopie sein können. Der technologische Ansatz der Holographie und dessen Weiterentwicklung kann ein wichtiger Schritt zur Optimierung der Mensch-Technologie-Interaktion sein, um den endgültigen Durchbruch von 3D voranzutreiben.

Quellen

  • HOFFMAN, D.; GIRSHICK, A.; AKELEY, K. (2008): Vergence-accommodation conflicts hinder visual performance and cause visual fatigue; Journal of Vision, 8 (3) 33, 1-30
  • HOLLIMAN, A.; DODGSON, N. A.; FAVALORA, G. E. et al. (2011): Three-Dimensional Displays: A Review and Applications Analysis; IEEE Transactions on Broadcasting, Vol. 57 (2), 362-371
  • ICHIHASHI, Y.; NAKAYAMA, H.; ITO, T. et al. (2009): HORN-6 special-purpose clustered computing system for electroholography; Opt. Express, Vol. 17 (16), 13895-13903
  • LEICHT, M. (2013): Humane Faktoren der visuellen Verarbeitung von stereoskopischen und holographischen 3D-Technologien; 215 S.; Ernst-Abbe-Fachhochschule Jena; Fachbereich SciTec, Masterarbeit
  • LONGHI, G. (2010): State of the art 3D technologies and MVV end to end system design; 89 S.; Padova; Universita a degli studi di padova; Facolta di ingegneria; Diplomarbeit
  • NEWSWANGER, C.; KLUG, M. (2013): Holograms for the masses; Journal of Physics, Conference Series 415, 012082
  • REICHELT, S.; HÄUSSLER, R.; LEISTER, N. et al. (2008): Large holographic 3D displays for tomorrow´s TV and monitors – solutions, challenges and prospects; IEEE 2008, LEOS 21st Annual Meeting, 194-195
  • REICHELT, S.; HÄUSSLER, R.; FÜTTERER, G. et al. (2010): Depth cues in human visual perception and their realization on 3D displays; Proc. SPIE, Vol. 7690, 1-12
  • SHIBATA, T.; KIM, J.; HOFFMAN, D. M. (2011): The zone of comfort: Predicting visual discomfort with stereo displays; Journal of Vision, 11 (8), 1-29
  • SMALLEY, D. E.; SMITHWICK, Y. J.; MICHAEL BOVE, J. V. (2007): Holographic video display based on guided-wave acousto-optic devices; Proc. SPIE 2007, Practical Holography XXI: Materials and Applications, 6488
  • URVOY, M.; BARKOWSKY, M.; LE CALLET, P. (2013): How visual fatigue and discomfort impact 3D-TV quality of experience: a comprehensive review of technological, psychophysical, and psychological factors; Ann. Telecommun., 68, 641-655
  • YOSHIKAWA, H.; YAMAGUCHI, T.; KITAYAMA, R. (2009): Real-time generation of full color image hologram with compact distance look-up table; Digital Holography and Three-Dimensional Imaging (Conference Paper), Vancouver (Canada), DWC4